Aus dem Ministerium

„Digitale Bildung braucht analoge Grundlagen – beides geht Hand in Hand“

Wie ist es eigentlich um die Digitalisierung an Bayerns Schulen bestellt? 
Wie läuft Medienbildung im Unterricht ab? 
Und wie kam’s zum Kurswechsel bei Schul-Tablets? 
Darüber haben wir mit Kultusministerin Anna Stolz im exklusiven Nah dran-Interview gesprochen. 
 

Frau Stolz, Digitalisierung verändert unsere Welt in rasantem Tempo. Was bedeutet das für die Schulen in Bayern? Die Digitalisierung ist eine große Chance für unsere Schulen. Sie eröffnet neue Wege des Lehrens und Lernens, unterstützt individuelle Förderung und macht den Unterricht lebensnäher und abwechslungsreicher. Für uns in Bayern heißt das ganz klar: Wir wollen unsere Kinder und Jugendlichen fit für eine zunehmend digitale Zukunft machen. Gleichzeitig setzen wir auf eine gesunde Balance: Digitalisierung soll das Lernen bereichern, nicht ersetzen. Die zentrale Rolle beim Kompetenzerwerb der Schülerinnen und Schüler spielen natürlich nach wie vor unsere engagierten Lehrkräfte. Wenn wir digitale Bildung mit Augenmaß gestalten, profitieren unsere Schülerinnen und Schüler enorm davon und werden fit für die digitale Welt von morgen.


Sie sprechen oft davon, dass Digitalisierung mehr sei als WLAN und Tablets. Was verstehen Sie unter moderner Medienbildung – und wo stehen wir in Bayern? Digitale Bildung braucht analoge Grundlagen – beides geht Hand in Hand. Es geht darum, Informationen kritisch zu bewerten, Medien reflektiert zu nutzen und sich sicher in der digitalen Welt zu bewegen – gerade auch in den sozialen Netzwerken. Deshalb ist auch in Bayern Medienbildung schulart- und fächerübergreifend in den Lehrplänen verankert und somit verpflichtender Bestandteil des Unterrichts.

Parallel dazu investieren wir gezielt in zukunftsweisende Konzepte und Technologien. Unsere Bilanz kann sich sehen lassen: Rund 86.000 digitale Klassenzimmer sorgen für moderne Lernumgebungen. Mit der Initiative ‚Digitale Schule der Zukunft‘ treiben wir die flächendeckende 1:1-Ausstattung mit mobilen Endgeräten an weiterführenden Schulen voran und mit einem eigenen Medien- und KI-Budget unterstützen wir unsere Schulen, um digitale Werkzeuge und KI sinnvoll im Unterricht einzusetzen.


In der öffentlichen Debatte war zuletzt die sogenannte 1:1-Ausstattung im Fokus. Digitale Endgeräte sollen nun ab der 8. Jahrgangsstufe eingeführt geben. Kritiker werfen Ihnen hierbei eine Rolle rückwärts vor. Wie ordnen Sie das ein und was ist das Ziel hinter diesem Ansatz? Gute Bildung braucht Mut zur Weiterentwicklung. Und für eine verantwortungsvolle Bildungspolitik möchte ich auch diesen Mut immer wieder aufbringen. Dabei setzen wir selbstverständlich auf aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse. Und diese zeigen: Gerade bei jüngeren Kindern kann übermäßiger Bildschirmkonsum negative gesundheitliche Auswirkungen haben.

Deshalb gilt für mich: In den ersten Schuljahren sollen Basiskompetenzen wie Lesen, Schreiben, Rechnen im Vordergrund stehen. Natürlich lernen unsere Kinder auch in der Grundschule den sinnvollen Umgang mit digitalen Medien – altersgerecht, begleitet und maßvoll. Leihgeräte bleiben weiterhin verfügbar, aber schülereigene Tablets braucht es dafür in den ersten Schuljahren nicht. Unsere Kinder sollen die Welt nicht nur virtuell, sondern mit allen Sinnen erfahren. Und wie im Sport brauchen sie auch bei der Digitalisierung digitale Regenerationszeiten.


Als Kultusministerin besuchen Sie viele Schulen und verschaffen sich einen Einblick vor Ort. Welche Rückmeldungen erhalten Sie aus der Praxis – von Lehrkräften, Eltern und Schülerinnen und Schülern? Alle Rückmeldungen sind für mich enorm wertvoll. Ich erlebe viele Schulen, die kreativ und engagiert digitale Medien längst wie selbstverständlich in ihren Unterricht integrieren. Was mich dabei besonders freut: Schülerinnen und Schüler zeigen hier große Lernfreude und damit verbunden eine hohe digitale Kompetenz – das zeigt ganz deutlich: Digitale Bildung funktioniert, wenn sie altersgerecht und sinnvoll eingesetzt wird.

Auch unsere Lehrkräfte leisten hier Beeindruckendes und wir unterstützen sie mit zahlreichen Fortbildungsangeboten, zuverlässiger Technik und Good- Practice-Beispielen aus der Schulpraxis.


Digitalisierung schreitet weiter voran.Welche Vision haben Sie für die bayerischen Schulen für die Zukunft? Meine Vision ist eine Schule, die jeden jungen Menschen bestmöglich auf die Welt von morgen vorbereitet – mit digitaler Kompetenz, Kreativität, Teamgeist und einem klaren Wertekompass. Digitalisierung soll dabei kein Selbstzweck sein, sondern ein Weg, um Lernen lebendiger und bedarfsgerechter zu gestalten. Ich wünsche mir Schulen, in denen technologische Innovation und menschliche Nähe Hand in Hand gehen. Kurz gesagt: Eine Schule, die analog wie digital denkt und dabei immer menschlich handelt!