Kaleidoskop „Es braucht mehr Besuchsdienste für Menschen, die einsam ­leben.“
WORTWECHSEL

„Es braucht mehr Besuchsdienste für Menschen, die einsam leben.“

Es war eines unserer großen Projekte in der zurückliegenden Legislaturperiode: die Schaffung eines Landesseniorenrats (LSR) als bayernweites Gremium und parteipolitisch unabhängiges Sprachrohr für ältere Menschen. Seit 2022 existiert der Rat, der Senioreninteressen auf Landesebene vertritt und dessen Mitglieder Vertreter der Seniorenvertretungen aller bayerischen Gemeinden und Landkreise sind. Bei einem Austausch mit dem Vorstand des LSR sprachen wir über Herausforderungen und Wünsche der älteren Generation. 

Am Wortwechsel nahmen unsere Abgeordneten Julian Preidl, Anton Rittel, Gabi Schmidt, Roswitha Toso und Thomas Zöller teil. Zu Gast waren die LSR-Bezirksvorstandsmitglieder Gisela Geppert (Niederbayern), Peter Klein (Oberpfalz), Hildegard Mack (Schwaben), Hanka Schmitt-Luginger (Oberbayern), Paul Nätscher (Unterfranken), Siegfried Bauer (Oberbayern) und Kunigunde Budzinski (Mittelfranken). 
 

GEGEN DIE EINSAMKEIT: DIGITALISIERUNG UND SPORT

Rittel: Sie vertreten über zwanzig Prozent der bayerischen Bevölkerung. Das macht Sie zum Sprachrohr von weit über zwei Millionen Menschen im Freistaat. Was sind deren Bedürfnisse?

Klein: Wir haben am 15. Oktober einen Fachtag in Regensburg, bei dem es thematisch um Altersarmut und Einsamkeit gehen wird, weil das zwei große Themen sind, die viele ältere Menschen umtreiben.

Toso: Mit der fortschreitenden Digitalisierung gibt es erfreulicherweise viele neue Möglichkeiten der sozialen Teilhabe. Wichtig ist aber, ältere Menschen über Chancen und potenzielle Risiken von KI und digitalen Anwendungen aufzuklären.

Preidl: Ja, die Digitalisierung wird immer wichtiger, deshalb müssen ältere Menschen von Gesellschaft und Politik mitgenommen werden.

Luginger: Wichtig sind auch Sportangebote! Sie wirken dem altersbedingten Verlust von Muskelmasse entgegen und erfüllen wichtige integrative Funktionen, vor allem dann, wenn es sich um generationenübergreifende Angebote handelt.

Mack: Es gibt zum Beispiel Vier-Wochen-Bewegungskurse als Parkour. Junge und ältere Menschen benutzen diese gemeinsam 
 

LANDESPFLEGEGELD, PFLEGENDE ANGEHÖRIGE UND QUARTIERSMANAGEMENT

Zöller: Das Landespflegegeld wird zum nächsten Jahr neu verteilt: Künftig gehen 50 Prozent an Pflegebedürftige und 50 Prozent fließen direkt in die Pflegeinfrastruktur.

Mack: Uns ist wichtig, dass die Splittung der Mittel weiterhin dort ankommt, wo das Geld am dringendsten gebraucht wird. Die pflegenden Angehörigen dürfen nicht noch weiter belastet werden, gleichzeitig ist uns natürlich bewusst, dass die Kosten in der Pflege weiter steigen. Schön wäre eine Nachbesserung, die den pflegenden Angehörigen als wichtige Stützen unseres Sozial- und Gesundheitssystems zugutekommt.

Zöller: Da rennen Sie bei mir offene Türen ein! Aufgrund der schwierigen Haushaltslage war es leider unvermeidlich, das Landespflegegeld anzupassen. Ich habe mich deshalb dafür eingesetzt, dass die eingesparten Mittel zurück in die Pflegestrukturen fließen, damit die hohe Qualität der Pflege in Bayern erhalten bleibt. Aus dem gleichen Grund machen wir uns innerhalb der Bayernkoalition dafür stark, das Quartiersmanagement zu verstetigen.

Mack: Das begrüßen wir sehr! Die nicht vorhandene Anschlussfinanzierung muss dringend zu einer Dauerfinanzierung umgestaltet werden. Das Quartiersmanagement hat eine erhebliche Bedeutung für Rentner sowie für große und kleine Gemeinden. Es ist eines der effektivsten Instrumente, um Menschen vor der Pflegebedürftigkeit zu bewahren.

Schmidt: Einer unserer Vorschläge ist, dass das Geld, das beim Landespflegegeld eingespart wird, eins zu eins in die Finanzierung des Quartiersmanagements fließt.
 

ALTERNATIVE WOHNFORMEN UND EINSAMKEIT

Zöller: Kommen wir nochmal auf das Thema Einsamkeit zurück. Welche Maßnahmen verfolgt dazu der Landesseniorenrat?

Luginger: Im Rahmen des Angebotes „Wohnen für Hilfe“ können Studierende kostenfrei bei Senioren wohnen. Als Gegenleistung helfen sie den älteren Menschen bei Aufgaben des täglichen Lebens. Es gibt auch andere Projekte wie etwa „Vorbeischauen“.

Grundsätzlich gilt: Es braucht mehr Besuchsdienste für Menschen, die einsam leben.

Klein: Außerdem gehen wir oft in die Seniorenheime, um den Bewohnerinnen und Bewohnern die Möglichkeit zu geben, sich zu äußern. Mehr als zwei Drittel sagen, dass sie jemanden bei sich haben möchten.

Mack: Alleinsein ohne Sozialkontakte kann zu Verwahrlosung führen. Diesen Menschen zu helfen, wird mit der Zeit immer schwieriger.

Luginger: Ehrenamtliche Besuchsprojekte funktionieren aber nur, wenn die Helfer zuvor eine Schulung absolviert haben. Menschen, die ihre Freizeit zur Verfügung stellen, um anderen zu helfen, brauchen im Gegenzug das nötige Rüstzeug, damit es nicht zu Überforderungen kommt. 
 

VERNETZUNG

Rittel: Wir haben den LSR mit dem Ziel ins Leben gerufen, dass die Politik – also wir – den Interessen der älteren Menschen mehr Gehör schenkt. Wie gelangen denn die Wünsche und Ideen, die ältere Menschen an Sie herantragen, zu uns?

Mack: Wir haben Fachausschüsse, die etwa zu den Themen Daseinsvorsorge und Lebensqualität für ältere Menschen tagen. Die Ausschüsse arbeiten Forderungen und Anregungen ein und leiten diese an die Staatsregierung weiter.

Klein: Schön wäre, wenn bei unseren Fachtagungen mehr Abgeordnete teilnehmen würden.

Preidl: Wir kommen gerne zu Veranstaltungen in den jeweiligen Stimmkreisen. Wir brauchen die gute Vernetzung mit Ihnen, da die Themenvielfalt groß ist. Von Ihrem Input können wir alle profitieren.

Mack: Sie können auch gerne unsere Stimme im Sozial- und Gesundheitsausschuss einbinden. Wir sollten im Landtag bekannter werden, weil wir ordentliche Arbeit machen.

Rittel: Wir danken Ihnen für das gute Gespräch!

„Alleinsein ohne Sozialkontakte kann zu Verwahrlosung führen. Diesen Menschen zu helfen, wird mit der Zeit immer schwieriger."

Hildegard Mack, LSR-Vorstandsmitglied für Schwaben

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